Mittwoch, Mai 10, 2006

 

ELBSCHOCK – Boulevardesk, bösartig und gemein

Ein Heft für die Menschen von heute. Das neue Comicmagazin der Alligatorfarm kommt wie ein Happen Rohtenburger Kannibalenkost: Aus der Hose, frisch auf den Tisch

Unsere Welt ist schon eine sehr verrückte …
Dem Einen schlägt das Herz nach der Errichtung eines Gottesstaates, der Andere betet Shareholder Value an. Der Nächste wiederum hält es mit der Rassenlehre, einem anderen ist das alles egal, ihn verzückt der Gedanke an gebratenem Penisfleisch. Die Einen sperren ihre Kinder ein und lassen sie kläglich verhungern, die Anderen bringen den Nachwuchs gleich nach der Geburt um. Vielleicht besser als später im nuklearen Fallout elendig zu krepieren? Oder an den Folgen einer Klimakatastrophe? Wohl kaum! Religiöser Wahn, Mordlust, Terror, Hass und kollektiver Wahnsinn sind fester Bestandteil unserer angeblich aufgeklärten und ach so freien Gesellschaft. Grade in einer Metropole wie Hamburg glaubt man den Zerfall unserer Zivilisation ganz besonders deutlich zu spüren. Jede Schlagzeile der Boulevard-Presse atmet den Geist des Weltuntergangs. Und nicht nur die. Eine ganze Industrie von "Fachleuten", "Intellektuellen", "Journalisten" und Medienunternehmern lebt nicht schlecht von den Prognosen des Untergangs des Abendlandes, von der Angst vor Terroristen, Kannibalen, Ausländern, Kinderschändern, dem aktuell drohenden Krieg und, und, und … Den Bürger schauderts.
Den Comicleser indes erinnern manche mediale Untergangsszenarien an die Storys alter Horror- und Science-Fiction-Comics. Vornehmlich jener aus den alten amerikanischen Verlagen E.C.
und Warren, welche in den 50er bzw. 70er Jahren Erfolge feierten.
Und wer in der Punkszene weite Teile seines Lebens verbrachte, kann angesichts des Ganzen zumeist eh nur müde lächeln: So jemand weiss oft genug, dass die Menschheit keine Zukunft hat, dass alle Systeme und Weltanschauungen lediglich kleine Hoffnungsschimmer angesichts des drohenden Armageddon bieten. Spricht ja nicht dagegen, bis dahin eine gute Zeit zu haben.

Ich kann nicht für den Comixpunker Karl Nagel sprechen was ihn denn nun genau bewogen hat, ein Comicheft herauszugeben, welches oben angeführte Ängste aufs Geschmackloseste thematisiert. Und zwar dass es eine Freude ist! Persönlich glaube ich ja, dass Nagel so einen kleinen, bösen Zwerg im Quadrat-Schädel wohnen hat, der ihm mit Hilfe eines kleinen Vorschlaghammers Botschaften ins Kleinhirn meisselt, die ihn dann solche Dinge tun lassen. Nunja, Spekulation meinerseits. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Nagel auffällig wird. Wer sich für Weiteres rund um Nagel interessiert, besuche einfach seine Homepage.
Zurück zum Thema, nämlich Elbschock. Ich weiss noch ganz genau, wie ich mit Karl vor nicht ganz zwei Jahren durchs schöne Bahrenfeld spazieren ging und wir darüber sprachen, was wir beide vermissen: Comicgeschichten, erzählt in klassischer Short-Story-Tradition, aber im Hier und Jetzt angelegt. Deutschland statt den USA, Hamburg statt New York, Bahrenfeld statt Arkham …
Ein paar Monate nach dieser Unterhaltung packte ich mit an um die Räume des Zeichenstudios und Verlages Alligatorfarm einzuräumen, noch mal ein paar Wochen später zeichneten die ersten Wahnsinnigen schon drauf los. Schneller, als manch Szenehaudegen "man müsste mal …" ausposaunen, haben Karl Nagel, mein Hirnhardt-Partner-In-Crime Wittek und die Damen- und Herrschaften Vincent Burmeister, Philip Cassirer, Simone Kesterton, Till Felix, Kai Hirdt, Nique Oelkers und Arne Peters dann tatsächlich Comics produziert, die es in sich haben. Hinzu kommt, dass Elbschock nicht einmal das einzige Projekt der Alligatorfarm ist. Perry gibt es ja auch noch. Elbschock ist jedenfalls genau das Ding, über das wir damals gesprochen haben. Vieles von dem, was in den Medien Thema ist finden wir hier wieder. Allerdings in reinerer, ehrlicherer Form. Wo anderen Orts noch so getan wird, als gehe es um Wahrheit und Information, wird hier der Lust an der Sensation gefrönt. Und einem nebenbei der Spiegel vorgehalten. Schaut man nicht selber gerne hin, wenn es irgendwo knallt? Wie gross ist die eigene Gier darauf, den Blick auf die blutigen Folgen des Terrors und der Gewalt zu fokussieren? Egal, wie die Antwort ist: Bei Elbschock handelt es sich in jedem Fall um gutes Entertainment aus der Feder Karl Nagels. Für die zeichnerische Qualität bürgt das Talent der Zeichner und der strenge Blick von Wittek, der so etwas wie ein Art Director beim Entstehen der Comics ist. Und selber mit Hunger eine seiner besten Arbeiten überhaupt vorlegt.
So, nun habe ich aber genug Eier geschaukelt und bitte einfach darum, sich auf www.elbschock.de und www.fleischbar.de selbst ein Bild dieses Bahrenfelder Qualitätsproduktes zu machen. Elbschock wird grade gedruckt, in den nächsten Tagen wird es ausgeliefert.
Da kommt was auf uns zu …


Comments:
Junge, Junge, bald kommt dann was auf uns zu. Mittwoch werden die Hefte ausgeliefert und danach dann ?????...
Nach Deinem Bericht hier im Blog erst entstanden ist ja das hier:
www.fleischbar.de
 
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